Vantage

Mach was Du willst

Ich habe schon einige Erkundungsspiele gesehen. Tainted Grail mochte ich mit seinem dunklen Setting, da konnte ich das unpassende Grinding verzeihen. Das hochgelobte Sleeping Gods hat mich vom Storytelling, aber auch von der Mechanik weniger abgeholt. Zuletzt mochte ich auch, trotz seiner Schwächen in den späteren Kapiteln, das französische Heredity. Wie sortiert sich hier das Spiel von Stonemaier Games ein?

Von der Prämisse ist Vantage ähnlich zu Sleeping Gods. Anstatt mit einem Flugzeug, stranden wir mit unserem Raumschiff allein oder im Koop (bis zu 6 Spielern) auf einem fremden Planeten und erkunden diesen von unterschiedlichen Startpositionen aus. Der erste große Unterschied zu den erwähnten Spielen: das Spiel von Jamey Stegmaier folgt nicht einer Kampagne, sondern lässt bei einem Durchlauf eine unabhängige Mission erleben. Die Geschichten sind dabei über fast 1300 (oder 5kg) Karten verteilt – etwa 400 doppelseitige, miteinander verbundene Ort- plus über 900 Entdeckungskarten. Das Artdesign von David und Lina Cuddington ist dabei wirklich schön.

Was die Qualität der Geschichten angeht, beschreibt es GamesRadar nicht unpassend als „Masterclass in narrative and sandbox gameplay“. In meinen bisherigen Solo-Sessions habe ich völlig unterschiedliche Geschichten und verrückte Ideen erlebt, die mich spannend unterhalten haben.

Klingt alles nach Choose.your-own-Adventure und das ist es auch, doch auch die grundlegende Spielmechanik von Vantage weiß zu gefallen: egal ob auf der Orts-, Charakter oder auch auf einigen Gegenstandskarten kann man Aktionen ausführen: move, look, engage, help, take und overpower. Je nachdem was auf einer Karte abgebildet ist oder welchen Flavortext sie erzählt, gibt es Abwandlungen dieser Begriffe. So wird bei look zu study oder overpower to attack.

Vantage erklärt nicht, was genau hinter einer Aktion stecken kann, sondern erzählt erst nach meiner Auswahl, wie es weitergeht. Dabei ist jede Aktion erfolgreich, „kostet“ nur eine bestimmte, ebenfalls vorher unbekannte, Anzahl von Würfeln. Mit etwas Nachdenken kann man jedoch die Kosten und auch die Möglichen Ausgänge abschätzen und damit Verhindern, dass die Hauptressourcen Gesundheit, Zeit und Moral reduziert werden. Kommt es trotzdem zu einem unglücklichen Ausgang, kann man das Würfelergebnis durch geschicktes Dice-Placing entschärfen: gefundene Wesen oder Gegenstände bieten hier Würfelfelder, die ich je nach Kriterium als Rettung nutzen kann.

All diese Mechaniken greifen schön ineinander und lassen einen bei dem einen oder anderen Würfelergebnis grübeln, ohne zu komplex zu sein. Diese Push-your-Luck Mechanik macht Spaß, so dass das Gameplay durchaus auf Augenhöhe mit dem Storytelling ist – aber ja, man muss dabei schon Lust haben Kartennummern aus Stapeln zu ziehen und auch Abschnitte aus den Aktionsheften.

Ein weiteres kleines Problem ist, dass man bei Verfolgen seiner Mission durchaus Pech haben kann, bzw. noch unwissend ist mit welchen Skills man erfolgreicher sein Ziel finden kann. Mit jeder neuen Partie durschaut man das System ein wenig mehr. Wer aber genau das mag, auch mal mit einem Misserfolg leben kann und den Spaß an der Erkundung liebt, der erlebt hier ein ganz besonderes Spiel. Ich bin gespannt auf weitere Solo- aber auch auf zukünftige Koop-Erlebnisse, bei denen man sich gegenseitig beim Dice-Placement dann helfen kann.

Stubenscore: 8,5 / 10 (Solo-Fazit)

Im Solo-Spiel ist das Setup übersichtlich – das Spiel in 3 Minuten aufgebaut.
Die diversen Hefte zum Nachschlagen.
Alternativ zu den vielen Karten und Heftabschnitten, kann man die Texte auch online nachschlagen.
Möglichst wenig Spoiler. Man sollte Vantage selbst erleben.

Webseite
BGG

2 Gedanken zu „Vantage

  1. Da hätte ich doch direkt Lust auf eine (Semi-)Coop-Runde! Ich bin allerdings gleichermaßen angezogen wie erschlagen von der Angabe „5 kg Karten/Spielmaterial“. Ich glaube kurz oder lang müssen wir das alle hauptberuflich machen.

  2. Jamey Stegmaier hat mit Scythe, Viticulture oder Tapestry schon eine Reihe Top-Games meiner Wish-List designt. Und auch Vantage würde ich gern mal testen. Soll zu dritt auch gut sein. Da sollte man mal ein Lesertreff organisieren.

Schreibe einen Kommentar zu ferengi Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Ähnliche Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben