Werde ich so zum Hobbygärtner?
Nach Chicago 1920, einem mittelmäßigem Erstlingswerk, haben Samuele Tabellini Ferrari und Vieri Masseini mit Botanicus ein beeindruckendes Spielerlebnis geschaffen. Botanicus hat sogar den Sprung auf die Empfehlungsliste zum Kennerspiel des Jahres 2024 geschafft.
Darum geht’s: In 17 Spielzügen mit zwei Phasen pflanzen und gießen wir verschiedenes Grünzeug in unserem Gartenbereich. Das Pflanzmaterial unterscheidet sich als Level 1 bis 4 und wenn wir die vorgegebenen Stufen in einer Reihe erfüllen, sind die Besucher unseres Gartens glücklich und geben uns Siegpunkte. Für die Endwertung (Stichwort „weitere Siegpunkte“) ist es hilfreich, Spalten lückenlos zu füllen. Wir als Gärtner werden also in „Phase 1“ immer mal im Garten hin-und-her flitzen.
In Phase 2 setzen wir unseren Marker in der Spielzugleiste. Es gibt vier Möglichkeiten, bei dreien ziehen wir mit einer Fortschrittsgärtnerfigur auf dem Spielplan voran:
- Geld erhalten. Nicht unwichtig, da unser Gärtner je Abschnitt ein Geldstück als Bewegungsprämie erhalten möchte
- Auf der Geldsackleiste mit einem Gärtner vorangehen, um Geld zu erhalten. Hier gibt es abhängig vom Abschnitt manchmal weniger Geld, als wenn man die Option hierüber wählt.
- Auf der Schubkarrenleiste mit einem Gärtner vorangehen, um Pflanzen zu bewässern, also aufzuleveln
- Auf der Schaufelleiste mit einem Gärtner vorangehen und unsere Beete bepflanzen
Außerdem gibt es auf den Feldern für unsere Fortschrittsgärtnerfiguren noch andere Spezialaktionen, wie Gärtnergarten ziehen oder eine Tieraktion durchführen. Alles gibt irgendwie Punkte und Vorteile und dies muss gegeneinander abgewägt werden. Sollte man am Endfeld der Leiste ankommen, gibt es einen Bonus und Siegpunkte und man startet wieder in der Reihe von vorne.
Es gibt also vieles zu beachten!
Eine weitere taktische Komponente besteht darin, dass sich die Spielerreihenfolge für den Folgezug durch die Position von oben nach unten ergibt. Es kann also sinnvoll sein, dass man Möglichkeit 1 wählt (einfach nur drei Gold nehmen), damit man im Zug darauf die richtig gute Aktion als Erstes ausführen kann. Auch wenn der nächste Spieler auf das gleich Feld setzen kann (kostet 3 Gold), dann ist möglicherweise eine Sonderfähigkeit nicht mehr verfügbar, denn es gibt auch Felder mit zwei Aktionen, die dann nur der erste Spieler erhält, der hierauf setzt. Und außerdem kann ein schneller Spieler z.B. die erste Endwertung in der Geldsackleiste mit 24 Siegpunkten ergattern, was schon ein großer Vorteil ist. Zumindest gibt es so mit vier Personen einen besonderen Reiz, der bei 2-3 Spielern entfällt.
Fazit:
Auch wenn sich das Regelwerk kompliziert anhört, kommt man schnell ins Spiel. Man kommt mit unterschiedlichen Taktiken ungefähr gleich gut voran und möchte in einem nächsten Spiel es gleich etwas anders probieren. Optik und Material sind gut gelungen.
Zur Eingangsfrage: Der Lerneffekt, ein guter Hobbygärtner zu werden, erfüllt das Spiel nicht. Dafür sind wir zu weit von einer Pflanze (oder sogar Pflanzenname) entfernt. Es geht nur um Pflanzenlevel.
Die Expertenvariante (Rückseiten der Spielpläne) würde mich auch noch interessieren …
Stubenscore: 8,0 / 10
Brettspiel (getestet)
Nach Ordo ja mal was echt aktuelles! Bin gespannt, wie häufig das bei euch im Monat auf den Tisch kommt 🙃
Das Spielprinzip toucht mich in meinem Stardew-Valley-Nerv (minus den ganze Beziehungskram). Da meine eigenen botanischen Versuche in RL mit „katastrophal“ nur unzureichend beschrieben sind wäre das Spiel (inklusive der Mechanik) eindeutig etwas für mich ! Gerne mehr davon beim nächsten großen Lesertreff.